HUM – die Kunst des Sammelns
taxomanischer Parcours
durch die Forschungssammlungen des Museums für Naturkunde Berlin
Das Sammeln und Ordnen prägt den Alltag im Museum für Naturkunde. Hier, in den öffentlich normalerweise unzugänglichen Forschungssammlungen, wird die Vielfalt der Natur unmittelbar spürbar: Tausende Vögel, Krebse, Spinnen, Schlangen, Fossilien werden gesammelt, beschrieben und kategorisiert. Mit über 30 Millionen Tieren ist die Berliner Sammlung eine der größten auf der Welt. HUM – die Kunst des Sammelns zeichnet ein Portrait des Museums, von und mit seinen Wissenschaftlern, künstlerisch und dokumentarisch, in Texten, Räumen, Klängen, Objekten und Szenen, erzählt von einer Welt in Schubladen und Gläsern, über unsere menschliche Sammelleidenschaft und die Macht unserer Ordnungsliebe: Taxomania. Ein Parcours führt die Besucher durch ein unübersehbares Labyrinth der Vielfalt der Natur.
Projektseite – Dokumentation im Artistic Research Catalogue:
http://www.taxomania.de
Katalog:
Julia Gerlach (Hg.)
Julian Klein / a rose is: HUM – die Kunst des Sammelns.
form + zweck Berlin 2008
[Katalog Online Version] [Print Katalog]
Beispiele von Presseberichten:
Radiobericht im Rahmen eines Portraits über Julian Klein von Irene Constantin (Deutschlandfunk 2008) [Text als pdf] (ganze Sendung: siehe „Publikationen„)
Radiobericht von Bettina Mittelstraß (Deutschlandfunk 2008) [Text als pdf]
Bettina Mittelstraß: HUM – die Kunst des Sammelns (Junge Akademie Magazin 2008)
Markus Falkner, Berliner Morgenpost:
„m’ocean“ – eine „Hydrophonie für Wasser und Instrumente“ schafft eine fast meditative Atmosphäre im zentralen Saal des ersten Aktes, verwirrend schön und bedrohlich wie der Ozean. […] in Akt zwei ist es der nicht minder beeindruckende Schlangensaal, in dem Tänzerinnen dem Zauber der tierischen Bewegung nachspüren – […] Was ist Wissenschaft? Was ist Kunst? Die Grenzen verschwimmen an diesem Abend […], und manchmal, wenn etwa schillernde Mikroskop-Bilder an die Wand projiziert werden, wird die Wissenschaft selbst zur Kunst. Der Fellsaal in rosa Plüsch, Zeichnungen im Vogelsaal, Weinprobe in der Schneckenabteilung. Das Angebot ist ebenso vielfältig wie verwirrend. Und die Besucher entscheiden mit der Wahl der „Taxis“ selbst, was sie sehen, hören, riechen möchten. Als Anhaltspunkt dient ein Faltblatt, doch selbst Fleiß- und Ordnungsfanatiker müssen beim Versuch scheitern, an einem Abend auch nur die Hälfte des Parcours zu bewältigen.
Wolfgang Fuhrmann, Berliner Zeitung:
„HUM“ [lädt] zum Hindernisritt (Parcours) durch die von Ordnungswut (Taxomanie) beseelte Sammlung alles natürlich Gewordenen ein. Der Besucher kann präparierte Spinnen oder Großsäuger, Parasiten oder Geweihe besichtigen, er kann die Vogelbibliothek, den Knochenkeller oder den Schlangensaal durchstreifen. […] Das klingt ein bisschen nach Langer Nacht der Museen, und tatsächlich hat der Abend einen unbestreitbaren Bildungseffekt. Nur, ganz sicher sein kann man sich nicht, ob man gerade wissenschaftliche Wahrheiten erfahren hat oder doch nur zum Opfer einer künstlerischen Versuchsanordnung geworden ist. […] Nichts Genaues weiß man nicht. […] Jedenfalls stellt sich im Lauf des Abends heraus, dass sich die Kustoden des Museums auch lustvoll an den eher „künstlerischen“ Aspekten des Ganzen beteiligen; im großen Finale wippen sie, mit ihren Forschungsobjekten wie mit Totemtieren versehen, rhythmisch zu den Liedern der Kellerband Taxotopia.
Naturgemäß ist das Museum für Naturkunde voller Regale, Schränke und Vitrinen, in denen insgesamt nicht weniger als 30 Millionen Objekte aufbewahrt werden. Es ist also ziemlich eng in den Gängen dazwischen, und so können nicht alle Besucher alle Führungen und Vorträge sehen – die rund drei Stunden, die der Abend dauert, sind einfach zu kurz. Es gibt also Taxis, das sind junge Damen mit T-Shirts, auf denen „TAXI“ steht, denen man sich anschließen kann. Im taxonomischen System der Zoologie werden sie als Homo taxomaniae J. Klein nov. spec. bezeichnet. Die Nomenklatur der zoologischen Taxonomie schließt nämlich aus Prinzip keine je gemachte Benennung irgendeiner Spezies aus. Das heißt, man könnte (erzählen Sie das bloß nicht den Spaßhackern!) das gesamte System durch ein Übermaß an unsinnigen Benennungen lahm legen.
Clemens Niedenthal, taz:
Die menschliche Ordnung ist immer relativ, der menschliche Ordnungswille aber unermesslich. […] Davon erzählt „HUM – die Kunst des Sammelns“ […] Davon, wie die Menschen Erkenntnisse sammeln, sie auf kleine Nadeln pieksen, in Alkohol einlegen oder in großen Vitrinen verstauben lassen. Insekten, Schnecken, Würmer, Fossilien, nicht weniger als 30 Millionen Exponate wurden im Naturkundemuseum in der Invalidenstraße seit Alexander von Humboldts Expeditionsreisen zusammengetragen.
Alles war so zart und doch gleichzeitig greifbar inszeniert, dass einen der Ort, seine Menschen und vor allem die Exponate für Stunden vollständig absorbierten. Man wusste nie, wo man zuerst hinschauen, hinhören oder hinriechen sollte. Glücklicherweise wurde man von sogenannten Taxen, jungen Menschen mit prägnanten Fähnchen, durch die labyrinthischen Gänge der Sammlung gelotst. […] Diskurskunst im Naturkundemuseum, ziemlich clever inszeniert. Überraschender ist es aber, welch performative Qualitäten plötzlich die Naturwissenschaftler entwickeln. Der geschäftige Hausmeister mit dem viel zu großen Schlüsselbund, er wirkt pointiert platziert und ist doch langjähriger Mitarbeiter der Fossiliensammlung. […] „Es ist das Verlangen nach dauerhafter Gegenwart all der wunderbaren Dinge, die zu sehen uns beglückt“, hat der Kulturphilosoph Manfred Sommer über das Sammeln geschrieben. „HUM – die Kunst des Sammelns“ teilt dieses Glück in Gegenwart 30 Millionen wunderbarer Dinge.
Daniel Miller, The Local – Germany’s News in English:
What happens when an experimental theatre troupe runs loose in Berlin’s Natural History Museum? – Daniel Miller suits up for a taxonomic safari in the urban jungle. Sound bizarre? Sure, but absolutely engrossing too.
Thirty such scenes take place simultaneously over the course of a three-hour performance, the vast majority delivered by the museum’s surprisingly game research staff. Their enthusiasm and humour throughout is remarkable. […] During the show it’s easy to forget you’re in own of the largest and most respected natural history institutions in the world and that its employees entertaining you are world-renowned experts in their fields.
Nevertheless, the event proves that of all the odd animals that live on this earth, by far the most bizarre and peculiar are the humans themselves. At the end of the performance, following a short video clip in which you’ve witnessed them battling their way through a series of horror films, the assembled researchers strike portrait gallery poses alongside their very own totem animals.
The adventure ends with drinks in the cellar, where the pastiche riot grrl rock outfit “Taxotopia” starts kicking out the jams. “What did you call me?” the singer inquires, “Honey? Baby? What is my name?” As Nietzsche wrote: “Man is the animal, which is not yet defined.“